In Rahmen eines Neubaus oder der Erweiterung eines Lagers sind lagerverdichtende Lösungen wie Cube-Storage-Systeme oder automatische Kleinteilelager (AKL) oft gewählte Bausteine. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die platzsparenden Konstruktionen ermöglichen die flexible Optimierung der intralogistischen Prozesse unterschiedlichster Branchen. Flächen werden durch sie hochgradig effizient genutzt und die zusätzliche Automatisierung erhöht die Resilienz in Zeiten des Fachkräftemangels auf der Lagerfläche.

Doch neben den physischen Kennzahlen gilt es bei der Integration solcher als „Black Box“ zu beschreibender Systeme – egal, ob Behälterkompaktanlagen, AKL, Shuttle, Paternoster, etc. – auch die Software-Seite zu berücksichtigen. Die Neuinvestition muss entsprechend der Anforderungen des Unternehmens in die IT-Infrastruktur integriert werden. Dieser Beitrag thematisiert die Integration unter Verwendung einer Middleware und stellt dieses Vorgehen der direkten Anbindung an ein Warehouse Management System (WMS) gegenüber.

Was sind die besonderen Eigenschaften dieser lagerverdichtenden Systeme?

Hersteller solcher Systeme, wie u.a. AutoStore, bieten eigene Soft- und Hardwarekomponenten für den einfachen, für gewöhnlich eigenständigen Betrieb an. Darüber hinaus gibt es zudem spezialisierte Dienstleister, sogenannte Integratoren, die für die Nutzung im komplexeren Lagerumfeld die Anbindung an verschiedene WMS- und ERP-Lösungen offerieren.

Das Versprechen an dieser Stelle ist, neben dem der kostengünstigen Integration, dass in die Aktualisierungen der Systeme die Erkenntnisse verschiedener Branchen zentral einfließen und die gebündelte Erfahrung so für das eigene Unternehmen genutzt werden kann. Der Nachteil ist, dass der flexiblen Anpassung an die eigenen Prozesse dadurch klare Grenzen gesetzt sind. Wenn, zum einen, in besagte Systeme in ausreichendem Maße eingegriffen werden kann, kostet dies, zum anderen, in den allermeisten Fällen sehr viel Geld.

AutoStore-System - das Modulare Lagersystem aus Norwegen.
Das AutoStore-System setzt auf eine hohe Automatisierung - in der Kommissionierung setzt das System aber weiterhin auf den Menschen.

Neben Kostenvorteilen versprechen herstellereigene hardwarespezifische Systeme eine hohe Stabilität und Standardisierung. Diese Aspekte kommen jedoch häufig nur dann zum Tragen, wenn sich Unternehmen mit ihren Prozessen nahe an diesen Standards orientieren. Unterschätzt wird dabei wiederum gerne die Abhängigkeit vom Hersteller, sowohl in Bezug auf Anpassungen als auch hinsichtlich der langfristigen Produktunterstützung. Nicht nur Silicon-Valley-Größen, wie beispielsweise Apple, verfolgen die Strategie des „Walled Gardens“, in der die Produktwelt möglichst nach außen abgeschottet wird, um Kunden langfristig zu binden.

Daher ist es essenziell, die strategischen Ziele des Unternehmens zu berücksichtigen: Möchte man flexibel auf Marktveränderungen reagieren können, sind Systeme, die mit einem hohen Standardisierungsanspruch Prozesse vorgeben, möglicherweise hinderlich: Die Möglichkeit zur Anpassung an neue Begebenheiten und die Geschwindigkeit der Umsetzung sind so immer von Akteuren mit eigenen Prioritäten und vor allem Prozessen abhängig.

Wie in die Prozesslandschaft integrieren?

Damit die Cube-Storage-Lösung oder das automatische Kleinteilelager nicht als einsame Insel mitten in der jeweiligen Intralogistiklandschaft stehen, müssen sie an die bestehenden Prozesse sowie die IT-Infrastruktur angebunden werden. Auf der Ebene des Lagers sind das in den meisten Fällen Enterprise Ressource Planning Lösungen (ERP), Warehouse Management Systeme (WMS) und Materialflussteuerungen durch Materialflussrechner (MFR) bzw. Warehouse Control Systeme (WCS).

Dies ist die Weggabelung, an der sich ein Lagerbetreiber entscheiden muss: Der Entscheidung zugrunde liegen sollte dabei unbedingt die vorhandene IT-seitige Ausgestaltung der eigenen Intralogistik. Nur so kann reibungslose Integration sowie vor allem langfristige Effizienz gewährleistet werden.

Wie ist die IT-Landschaft aufgestellt?

Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, ist ein realistisches Abbild der eigenen IT unabdingbar. Sind es Systeme mit kleinteiliger Updatefähigkeit, die unabhängig voneinander aktualisiert und verändert werden können oder eher Software-Monolithen, die über Versionsreleases erweitert werden müssen? Was davon ist in der eigenen Hand, was in der Hand Dritter? Die IT-Landschaft eines Unternehmens ist entscheidend für die Wahl der Integrationsstrategie. Eine für die eigenen Bedürfnisse konzipierte IT-Landschaft bietet Flexibilität, um spezifische Anforderungen effizient umzusetzen, während eingekaufte Monolithen für Standardszenarien bewährte Lösungen sind, jedoch weniger Anpassungsmöglichkeiten bieten, was sich oft in kleinen Details bemerkbar macht: Ein Standardparameter, der unverhältnismäßigen Aufwand erzeugt, weil er mehr oder andere Informationen übermitteln muss. Häufig ist auch ein langsames Veralten des Monolithen zu beobachten, weil man sich scheut in das laufende System einzugreifen und der Wechsel ein riskantes Großprojekt nach dem Big-Bang-Prinzip wäre.

Middleware vs. Direkte Integration ins WMS

Attraktiv an Middlewares ist zunächst, dass die Verantwortlichkeiten klar geregelt werden. Der Anbieter ist vertraglich verantwortlich für die funktionierende Kommunikation zwischen dem Cube-Storage-System und dem Warehouse Management System. Da wie beschrieben damit das Schema des jeweiligen Integrators bzw. Dienstleisters einhergeht, winkt zunächst auch ein klarer, vor Anpassungsbestreben auch tendenziell moderater Kostenpunkt.

Doch der Preis für diese vermeintliche Sicherheit in Sachen Kosten und Verantwortung wird an einer anderen Stelle bezahlt: Durch das Netz aus Abhängigkeiten von Dritten sowie der aufwendigeren Kommunikation von drei statt zwei Instanzen, mit ihren eigenen Anforderungen an Datenführung, Wartung und IT-Infrastruktur, sinkt die operative Schlagkraft und Anpassungsfähigkeit.

BU: Mit dem Einsatz von Middleware steigt die Komplexität im Lager.

Auch die Intelligenz des Systems wird in fremde Hände gegeben: Kann ein WMS lediglich Aufträge übermitteln, liegt die Entscheidung über die Art der Ausführung in der Middleware. Daraus ergibt sich eine potenzielle Optimierungslücke: Auch wenn ein WMS perfekt an die eigenen Bedürfnisse angepasst ist, sind es Mittlerinstanzen unter Umständen nicht, da sie entweder gar nicht oder nur umständlich angepasst werden können. Vermag ein WMS dagegen, Automationslösungen wie ein Cube-Storage-System direkt zu steuern, kann anhand Gesamtperspektive prozessoptimiert ein- und ausgelagert werden.

Es klingt bereits durch, dass mit dieser Variante auch Voraussetzungen an das betreffende Lagerverwaltungssystem (LVS) einhergehen. Eine entsprechende Adaptionsfähigkeit muss zunächst durch das im Einsatz befindliche Lagersystem unterstützt werden. Voraussetzung einer direkten Integration ins WMS/LVS ist demnach die Flexibilität des besagten Systems selbst. Da zwischen den Softwaresystemen verschiedener Anbieter teils große Unterschiede bestehen, wird diese Option bei der Anschaffung automatisierter Lagersysteme manchmal übersehen. Mit dem richtigen Warehouse Management System können jedoch auch Lagersysteme, die für den Einsatz als eigenständige Gesamtlösung konzipiert wurden, direkt eingebunden werden. Im Vergleich zum Einsatz einer Middleware bewahrt dies vor zusätzlicher Komplexität in der IT-Infrastruktur durch erforderliche Systeme, doppelte Datenführung sowie einer zusätzlichen Systemschicht. Ebenfalls entfällt höherer Koordinationsaufwand mit dem Middleware-Anbieter.

Wer höchstmögliche Deutungs- und Anpassungsmöglichkeiten über die eigenen Prozesse haben will, muss sich aber auch der Grundvoraussetzungen dafür bewusst sein: Dem Willen zur kontinuierlichen Optimierung entlang der gesamten Prozesskette und der Fähigkeit, alle Domänenexperten transparent und auf Augenhöhe ins Projekt zu integrieren. Statt eines Systems im System kann in einer integralen, hierarchisch klar definierten Lagerverwaltung mit eindeutiger Entscheidungshoheit smart gesteuert werden: Kann das WMS nicht nur vorgeben, was ausgelagert wird, sondern auch wie dies prozessoptimiert erfolgen muss, kann das Cube-Storage-System diesem Auftrag gezielt nachkommen. Ist ein solches Zusammenspiel gegeben, kann es das Lager als Effizienzmultiplikator enorm aufwerten.

Unser Ausblick

Die Wahl zwischen einer direkten Anbindung an das WMS oder den Weg über eine Middleware hängt von den spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen des Unternehmens ab.

Die direkte Anbindung ist aus operativer Perspektive ideal: Performance, Daten- und Deutungshoheit liegen in einem System, das die Cube-Storage-Lösung direkt, und optimiert in die Prozesswelt einpasst, steuert. Voraussetzung dafür ist allerdings die entsprechende Unternehmenskultur, in der Prozessoptimierung im Mittelpunkt steht und die Domänenexperten früh und umfassend einbezogen werden.

Wie erwähnt wird die Möglichkeit der Abbildung in vor allem individuellen WMS teils übersehen und damit das volle Spektrum der Integrationsmöglichkeiten in Betracht gezogen. Hinzu kommen Aspekte wie augenscheinlich geringe Anschaffungskosten und Externalisierung der Verantwortung – vermeintliche Vorteile, die in vielen Fällen jedoch später verdeckt durch durch vergebenes Optimierungspotenzial und damit einhergehende Opportunitätskosten bezahlt werden.

Aus der operativen Brille schweißt die direkte Integration Domänenexpert*innen zu interdisziplinären Teams zusammen und ermöglicht kontinuierliche Verbesserung während des laufenden Betriebs, da langwierige Release-Zyklen entfallen. Langfristig ergeben sich aus einer schlanken IT auch höhere Kostenvorteile. Je nach Wachstum kann sich schnell die babylonische Sprachverwirrung einstellen, wenn in der Intralogistik verschiedene zwischengeschaltete Middlewares mit einem Warehouse Management System kommunizieren. Eine klare, möglichst schlanke IT-Architektur, die mit dem Wachstum des Unternehmens Schritt hält, ist aus unserer Sicht entscheidend für den langfristigen Erfolg.

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