Daten sind heute fester Bestandteil unseres Lebens. Doch sie sind nicht automatisch nutzbar, nur weil sie in unserer zunehmend digitalen Welt unablässig generiert werden. Um diesen Datenschatz zu heben, bedarf es einiger Arbeit und innovativer Methoden. Eine solche stellen wir im vierten und letzten Teil unserer Analytics-Reihe vor: Prescriptive Analytics.

Diese Analyseform ist eine Erweiterung der Predictive Analytics und baut ebenfalls auf Descriptive Analytics auf. Szenarien und Entscheidungsoptionen, die maximale Vorteile erzielen oder Risiken minimieren, können identifiziert werden und ermöglichen dadurch eine Automatisierung der Entscheidungsfindung.

Die Analytics-Stufen im Überblick

Die präskriptive Analyse versucht herauszufinden, wie sich verschiedene Vorgehensweisen auf ein Ergebnis auswirken und kann optimale Handlungsempfehlungen für bestimmte Situationen ermitteln. So können beispielsweise für die Be- und Entladung von Lkw in Distributionszentren verschiedene Szenarien durchgespielt werden. Durch datenbasierte Entscheidungen wirkt man dabei möglichen Verzögerungen entgegen.

Grundsätzlich werden bei der präskriptiven Analyse interne und externe Daten aus verschiedenen Quellen verarbeitet und analysiert. Die Analyse wird mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und komplexen mathematischen Algorithmen aus Bereichen der Statistik, Stochastik und Simulation durchgeführt. Ziel ist durch Szenariomodellierung, Simulationen, dem maschinellen Lernen Entscheidungen autonom zu treffen, um eine gewünschte Aktion zu forcieren oder die nächste Handlung einer Ereigniskette vorherzusagen. Damit geht diese Analysemethode einen Schritt weiter als die prädiktive Analyse.

Einsatzbereiche der Präskriptiven Analyse

Prinzipiell ist die präskriptive Analytik in Bereichen einsetzbar, in denen viele Faktoren einen Einfluss auf das Ergebnis haben. Die Analyse hilft beispielsweise bei Entscheidungsfindungen in der Planung von Ressourcen, kann also für eine verbesserte Ressourcennutzung sinnvoll verwendet werden. So kann durch die Prognose des Arbeitsvorrats in den einzelnen Bereichen eines Distributionszentrums rechtzeitig Personal beispielsweise von der Packerei in die Kommissionierung verlagert werden, ohne die Prozesse dadurch ins Stocken zu bringen.  Unter anderem diese Technik auch bei der Planung von Ticketpreisen, bei Sitzkapazitäten von Fluglinien oder im Gesundheitswesen, etwa bei der Betten- und Personalplanung Anwendung. Um den Einsatz der Analyse zu verdeutlichen, soll ein Beispiel aus dem Gesundheitswesen Einblick verschaffen:

Nehmen wir an, dass ein Patient mit einer neu erkannten Krankheit ins Krankenhaus geliefert wird. Nachdem alle relevanten Faktoren (demografische Daten, aktuelle und frühere Beschwerden, Medikamentenname, etc.) bestimmt wurden, werden weitere Patienten ausfindig gemacht, die ähnliche Eigenschaften aufweisen. Auf der Basis dieser Datensätze können nun Behandlungsansätze analysiert werden, die bei vergleichbaren Patienten angewendet wurden. Daraus werden Handlungsempfehlungen abgeleitet. Der Arzt kann nun eine optimale Therapie aus den Vorschlägen erstellen. Durch die Analyse wird dem Arzt also ein weiteres Hilfsmittel bei der Erstellung des Behandlungsplans an die Hand gegeben. Entweder wird damit der vom Arzt entworfene Plan bestätigt oder ein neuer Weg bietet sich an, der bisher nicht bedacht wurde. Die Analyse bietet die Sicherheit, dass der Plan für den Patienten, basierend auf Vergleichsdaten anderer Patienten, sinnvoll ist.

Präskriptive Analyse in der Intralogistik

Die Qualität und Präzision der Prognosen sowie die Wahl der optimalen Entscheidung wird durch Einspeisen immer neuer Daten erhöht. Hier kommt das sogenannte maschinelle Lernen (Machine Learning [ML]) zum Einsatz. Dafür benötigt man eine Vielzahl aktueller Daten und muss im Vorfeld mögliche Einflussfaktoren genau definieren. Auch die Ausformulierung eines klaren Ziels, welches man durch die Analyse erreichen will, unterstützt die Qualität vorgeschlagener Handlungsempfehlungen.

In den Beiträgen zu Diagnostic Analytics und Predictive Analytics wurde ein Analysebaum für die verspätete Abfahrt eines Lkw eingesetzt. Auch an dieser Stelle soll er die thematisierte Analyse veranschaulichen.

Wo die diagnostische Analyse die Zusammenhänge herstellt, parametriert die prädiktive Analyse sie, um Eintrittswahrscheinlichkeiten zu ermitteln.

Die präskriptive Analyse setzt bei den Eintrittswahrscheinlichkeiten des prädiktiven Teils an, in dem festgestellt wurde, dass der Zustand „Die Lkw-Beladung dauert zu lange“ mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt. Aus der Analyse dieser Daten lassen sich dann Handlungsmöglichkeiten ableiten, die dem Zustand optimal entgegenwirken können. Die vorgeschlagenen Empfehlungen können umgesetzt werden, um Verzögerungen dieser Art zu minimieren oder die Abläufe zu verbessern.

So finden sich gute Einsatzmöglichkeiten im Logistikbereich, etwa bei der Optimierung von Lieferketten, denn hier können durch verschiedene externe Einflüsse und Störfaktoren (Wetter, Verkehr, etc.), aber auch durch Verzögerungen im Ablauf, Verspätungen entstehen. Das Analyse-Tool hilft dabei diesen Faktoren entgegenzuwirken, da sich für den Mitarbeiter präventive Handlungsoptionen ergeben. Mithilfe der Analyse kann beispielsweise eine Lösung bei einer Verspätung durch ein Beladungsproblem eines Lkw gefunden werden. Bei Verzögerungen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen können Vorschläge von Alternativrouten Abhilfe schaffen. Durch die Verarbeitung historischer und gegenwärtiger Daten können von der KI bestimmte Engpässe oder gesteigerte Verkehrsdichte als Muster erkannt werden. So kann, wenn die Beteiligten der Lieferkette gut vernetzt sind, sehr schnell und präventiv eine Ausweichroute kommuniziert werden, die zwar längere Laufzeiten mit sich bringt, doch in diesem Fall die beste Lösung bietet.

In der Intralogistik lässt sich die präskriptive Analyse einsetzen, um Lagerkapazitäten passend auszulasten und Laufwege zu optimieren. Auch im Hinblick auf steigende E-Commerce-Volumina können innovative Technologien eine entscheidende Rolle spielen. Fallen Mitarbeiter, etwa krankheitsbedingt aus, kann das System Handlungsempfehlungen zum Personaleinsatz generieren, die den aktuellen Warendurchsatz berücksichtigen. Somit lassen sich Engpässe in der Kommissionierung abmildern.

Auch bei der Belieferung von Logistik- oder Distributionszentren können mit der Analyse durch KI und ML Be- und Entladedauer zielgenauer vorhergesagt und Optimierungsvorschläge gemacht werden, um die Abläufe zu verbessern. Durch Handlungsempfehlungen ermöglicht ML mit der präskriptiven Analyse eine effizientere Organisation von Prozessen und die Vermeidung eventueller Engpässe. Auch bei einer Verspätung im Lieferprozess kann das selbstlernende System schneller mögliche Notwendigkeiten erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen vorschlagen oder sogar automatisch Entscheidungen treffen, um der Situation entgegenzuwirken.

Umsetzung der Präskriptiven Analyse durch maschinelles Lernen

Viele Unternehmen wollen ihre Intralogistik effizienter gestalten. Dazu werden verlässliche Stammdaten zu Produkten und Prozessen benötigt, um das Potential von ML möglichst auszuschöpfen. Dieses Potential wird auch durch die Umsetzung von Analyseprozessen genutzt.

Die Prescriptive Analytics berücksichtigt strukturierte (Nummern, Kategorien) und unstrukturierte (Videos, Bilder, Töne und Texte) Daten aus internen, sowie externen Quellen (sei es aus dem klassischen Data Warehouse oder NoSQL-Datenbanken aus dem Big-Data-Umfeld), die Einfluss auf die untersuchten Prozesse haben. Die Daten fließen in Optimierungsverfahren und Simulationen zusammen und stellen beeinflussende Variablen dar. Diese werden durch Algorithmen analysiert und ausgewertet. Vor allem beim Zufluss immer neuer Daten, können durch ML präzisere Prognosen und optimierte Handlungsempfehlungen generiert werden.

Um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, müssen Ziele, Anforderungen an das Ergebnis und der Handlungsrahmen vor der Analyse festgelegt werden. Natürlich gilt auch hier: fehlende oder ungenaue Parameter führen zu verfälschten oder fehlerhaften Ergebnissen. Außerdem ist KI nicht unfehlbar. Da die Handlungsempfehlungen aber durch Mitarbeiter angenommen oder abgelehnt werden können, liefert die Analyse Ansätze für die Prozessoptimierung. Wenn eine Empfehlung nicht der Zielsetzung des Unternehmens entspricht, müssen die Variablen möglicherweise überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

Nutzen von präskriptive Analyse in der Intralogistik

Die Analyse kann in erster Linie bei der Optimierung von Lieferprozessen unterstützen. Durch Prozessoptimierung oder Implementierung von Unternehmensregeln hilft sie außerdem Strategien umzusetzen, die zur Erreichung eines Ziels festgelegt wurden. Sie gibt die Möglichkeit, die erforderlichen Geschäftsregeln vorzugeben, um alle Entscheidungen basierend auf den vorherigen Prognosen zu optimieren.

Die präskriptive Analyse unterstützt dabei, prognostizierte Trends beeinflussen oder ein vorhergesagtes Ereignis verhindern zu können. Spezifische Analyse- und Simulationsmodelle, die mit bekannten und zufälligen Variablen Wenn/Dann-Szenarien abbilden, können über mögliche Ereignisse informieren. Basierend auf Handlungsempfehlungen können zuverlässigere und rationalere Entscheidungen gefunden werden – die Entscheidungsfindung wird weniger impulsiv.

Fazit

Grundsätzlich empfiehlt sich der Einsatz einer Kombination der Analysen, die in der TUP-Analytics-Reihe beschrieben wurden. Sie ermöglichen zuverlässige Fehler- und Ursachenfindung, präzise Aussagen über zukünftige Verhaltensmuster und eine optimale Umsetzung von daraus entwickelten Strategien.

Autorin: Anna Jaster

Zur Beitragsübersicht
Zu unserer KI-Reihe
Zurück zur Startseite