In unserer Reihe „Der Weg zur TUP-Karriere“ stellen wir im Interviewformat verschiedene Kolleg*innen vor und wie ihr Weg zu uns verlaufen ist. In diesem Interview berichtet Mariem von ihrem Weg aus Tunesien, über Frankreich nach Stutensee.
Wie, wann und warum bist du nach Deutschland gekommen?
Ich bin im September 2014 nach meinem Abitur nach Deutschland gekommen. Ursprünglich wollte ich in Frankreich studieren aber meine Schwester war hier am KIT und hatte eine sehr gute Erfahrung mit dem Studium gemacht. Außerdem wollten meine Eltern, dass ich so nah wie möglich an meiner Schwester bin und dann habe ich gesagt, dass Deutschland auch nicht so schlecht ist und ich es hier versuche.
Warst du davor auf einer deutschsprachigen Schule oder hattest du Deutsch schon irgendwie gelernt?
In Tunesien muss man ab dem dritten Jahr am Gymnasium eine dritte Sprache wählen. Da habe ich dann Deutsch gelernt: Das war allerdings nur ein Kurs, ca. 2 Stunden pro Woche. Man lernt nur „Hallo“, „Tschüss“ und die klassischen Sätze, um z.B. in einem Restaurant etwas zu bestellen. In Deutschland habe ich dann einen sechsmonatigen Intensivkurs in Deutsch gemacht. Daraufhin habe ich eine Sprachprüfung gemacht, um hier am KIT studieren zu dürfen.
Wie bist du zu TUP gekommen?
Ich habe meinen Bachelor und Master am KIT absolviert. Im Rahmen meines Masterstudiums konnte ich meine beiden Lieben miteinander verbinden: die für Deutschland und die für Frankreich. Denn mein Master war ein Doppelmaster mit der Ingenieurschule in Grenoble. Von TUP hatte ich ursprünglich noch nie gehört – bis ich am KIT eine Vorlesung bei Prof. Dr. Thomas besuchte. Im Rahmen der mündlichen Prüfung hatte ich dann die Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen.
Eigentlich wollte ich meine Masterarbeit in einer anderen Firma machen. Allerdings konnte ich keinen Betreuer an der Uni finden. Als ich dieses Problem ansprach, bot mir Prof. Dr. Thomas spontan seine Betreuung an. Kurz darauf organisierte er für mich ein Gespräch bei TUP, um mögliche Themen zu besprechen.
Das ursprünglich geplante Thema war aus seiner Sicht zu komplex für eine Masterarbeit, woraufhin er mir ein alternatives Thema bei TUP vorschlug. Dieses Angebot nahm ich gerne an. Ich werde Prof. Dr. Thomas immer dankbar dafür sein, dass er mir die Masterarbeit bei TUP angeboten hat. Nach erfolgreichem Abschluss meiner Masterarbeit wurde mir eine Stelle bei TUP angeboten – und so bin ich geblieben.

Wo kommst du her?
Ich komme aus Sfax, der „zweiten Hauptstadt“ Tunesiens: Es ist vielleicht nicht die schönste Stadt des Landes und eher konservativ geprägt. Zwar gibt es dort einen Strand, aber als ich dort gelebt habe, konnte man noch nicht darin schwimmen – das Wasser war damals zu stark verschmutzt.
Wie war es für dich allein nach Deutschland zu kommen?
In den ersten drei Monaten war meine Schwester noch bei mir. Danach zog sie für ein Praktikum und später für ihre Arbeit erst in die USA und dann in die Niederlande. Ab diesem Moment war ich auf mich allein gestellt. Bevor ich nach Deutschland kam, war ich ziemlich nervös – ich hatte in Tunesien schließlich noch nie allein gewohnt. Ich war sehr schüchtern, und viele sagten damals: „Wie willst du das bloß ohne Mama und Papa schaffen?“ Viele haben ehrlich gesagt nicht daran geglaubt, dass ich es schaffen würde. Aber wenn ich noch einmal im Jahr 2014 vor derselben Entscheidung stünde – ich würde alles genauso wieder machen.
Was magst du denn an dem Leben hier in Deutschland?
Ich mag, dass ich so unabhängig bin. Ich weiß: Alles, was ich hier geschafft habe, habe ich allein geschafft. Klar, mit Unterstützung von meiner Familie von Weitem, aber ich hatte selbst Zweifel, ob ich das Schaffen werde und ich habe viele Fähigkeiten entdeckt, von denen ich nicht dachte, dass ich sie habe. Ich habe mich so enorm weiterentwickelt. Manchmal glauben wir, dass wir bestimmte Dinge nicht schaffen können – aber wenn wir dann tatsächlich in der Situation sind, wachsen wir über uns hinaus.
Außerdem genieße ich, dass Deutschland viel freier ist. Tunesien war deutlich konservativer. Dort hätte ich nicht die Sommerklamotten tragen können, die ich hier trage. Die Arbeitsbedingungen in Deutschland sind auch viel besser als die in Tunesien.

Was vermisst du hier?
Ganz klar an erster Stelle: meine Familie. Es war sehr schwer hier in Deutschland Anschluss zu finden. Deswegen bin ich auch umso glücklicher, durch die Arbeit ein paar Leute kennengelernt zu haben, die wie eine zweite Familie für mich geworden sind. An zweiter Stelle steht für mich ganz klar das tunesische Essen. Jedes Mal, wenn ich nach Tunesien fliege, gibt es eine feste Liste an Gerichten – meine Mama weiß genau, was ich unbedingt essen muss, wenn ich dort bin.
Wie oft fliegst du nach Tunesien?
Ich versuche immer zweimal pro Jahr nach Tunesien zu fliegen. In den letzten Jahren habe ich es immer einmal geschafft und das zweite Mal war dann abhängig von den Fristen, die ich hier auf der Arbeit habe. Manchmal kommen meine Eltern auch noch her, daher sehe ich sie im Gegensatz zu meiner Oma öfter.
Seit diesem Jahr kannst du deinen deutschen Pass in den Händen halten. Wie verlief die Einbürgerung?
Der Prozess an sich hat relativ lange gedauert: Am Anfang musste man zu einem Beratungstermin, um zu prüfen, ob man die Bedingungen erfüllt, um den Antrag durchzuführen. Um den Termin zu erhalten, musste man bei der Ausländerbehörde anrufen, um dann via Mail einen Termin zugeschickt zu bekommen. Das habe ich drei Mal gemacht, ohne eine Mail zu erhalten. Schließlich hat mir Klaus Heim von TUP geholfen, da seine Frau dort arbeitet. Er konnte mir eine Mailadresse geben, durch die ich dann einen Beratungstermin erhalten habe. Ich hatte alle Bedingungen erfüllt, durfte also den Prozess anfangen. Ich musste dann einen Termin für den Einbürgerungstest finden. Das hat sich weitere 3 Monate gezogen, bis ich in Heidelberg meinen Test durchführen konnte.
Uns wurde gesagt, dass es bis zu 5 Monate dauern kann, bis man die Ergebnisse des Tests erhält. Glücklicherweise hat es bei mir nur 3 Monate gedauert. Aber zum Beispiel Zeineb hat seit fast einem Jahr noch keine Ergebnisse erhalten. Ende Juli kamen die Ergebnisse und Mitte November 2023 konnte ich dann meinen Antrag stellen, zu dem ich im Februar 2025 die Zusage erhalten habe.
Bevor ich den deutschen Pass hatte, musste ich immer darauf achten, wie lange ich mich im Ausland aufhalte. Zu lange Unterbrechungen konnten nämlich dazu führen, dass die Fünf-Jahres-Frist für die Einbürgerung wieder von vorne begann. Daher hatte ich meinen neunmonatigen Aufenthalt in Frankreich während meines Studiums bei der Ausländerbehörde auch zuvor angefragt.
Vielen Dank für das Interview!