Die Softwaremanufaktur TUP (TUP) bietet seit einigen Jahren das mobile Logistiksystem TUP.MAS für die Luftfahrt an. Damit halten Smartphones und Handhelds Einzug in die Lagerprozesse der Luftfahrtbranche. Mit dem Mobile Aviation System können Airlines und MRO-Dienstleister (Maintenance, Repair and Overhaul) ihre Abläufe bei der Wartung und Reparatur von Flugzeugen einfach optimieren. Die Flugzeugwartungs-Software AMOS von Swiss AviationSoftware (Swiss-AS) bildet dabei die Grundlage für die mobile Abbildung aller Prozesse innerhalb der TUP.MAS-Anwendung und wurde in enger Zusammenarbeit mit Swiss-AS unter dem Produktnamen Mobile-Device-System (MDS) entwickelt. Beide Systeme ermöglichen im Zusammenspiel einen nachweisbaren Effizienz- und Qualitätsgewinn, was wiederum die Kosteneffizienz positiv in den Fokus rückt – eine zusammenfassende Erfolgsgeschichte.

Co-Autor: Kevin Hohmann

Das Flugzeug gilt noch immer als das sicherste aller Verkehrsmittel. Doch damit die Flugsicherheit durchgehend gewährleistet ist, müssen Flugzeuge regelmäßig und intensiv gewartet werden. Dabei ist die Instandhaltung der Luftfahrzeuge eine verantwortungsvolle Aufgabe, denn nur gemäß Vorschriften gewartete Flugzeuge dürfen abheben. Daraus ergibt sich eine logistische Herausforderung, weil die Wartungsarbeiten mit Flugplänen und anderen externen Faktoren abgeglichen werden müssen. Aus Kostengründen wünschen sich die Betreiber hierfür möglichst wenig Zeit zu veranschlagen, denn Flugzeuge sind nur rentabel, wenn sie sich in der Luft befinden. Ein hoher Bedarf an zur Verfügung stehenden Ersatzteilen ist daher die Folge. Einer von vielen Gründen, warum die Wartung auf diesem Leistungsniveau ein Ersatzteillager mit ununterbrochener Verfügbarkeit und höchster Prozessqualität verlangt.

In diesen Belangen unterstützt AMOS von Swiss-AS schon seit rund 30 Jahren Airlines und MRO-Dienstleister weltweit. Über 170 internationale Kunden aus der Luftfahrtbranche nutzen das System der Swiss-International-Air-Lines-Tochter. Mit seinen vielfältigen Funktionen bietet es eine End-to-End-Lösung für alle Wartungsprozesse. Um auch die Abläufe, die Bestandsqualität und die Transparenz in den Ersatzteillagern zu verbessern, spielen Daten und Informationen zum fehlerfreien Lagern, Bereitstellen und Kommissionieren eine zentrale Rolle. Auf Grundlage dieser Anforderungen hat TUP in Zusammenarbeit mit Swiss-AS das Mobile Aviation System TUP.MAS entwickelt.

„Das Mobile Aviation System ist ein Modul, um die Prozesse in den Lagern an den Flughäfen mit mobilen Android Handhelds, MDEs oder Android Smart Mobiles (herkömmliche Smartphones) zu unterstützen. Damit haben wir eine Kopplung an AMOS aufgebaut, um die Lagerprozesse mobil abzubilden und so den Mitarbeitern bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Wir sind sozusagen der lange, mobile Arm für den AMOS-Lagerprozess.“, erläutert Dipl.-Ing. Günther Pfisterer, Projektleiter TUP.MAS und Mitglied der Geschäftsleitung bei TUP.

TUP.MAS: Buchungen in Echtzeit

Bevor die TUP-Software in AMOS integriert wurde, fand die Einlagerung ausschließlich an stationär installierten PC-Terminals statt. In der Praxis sah das wie folgt aus: Der Mitarbeiter ging mit einem Ersatzteil zum Lagerfach (Festplatzprinzip) und musste danach wieder zurück an besagtes Terminal. Dort gab er das Lagerfach ein, in welches er das Ersatzteil eingelagert hatte. Erst dann konnte die Warenverbuchung abgeschlossen werden und das Objekt war im System hinterlegt. Bei der Entwicklung seines Moduls, hat sich TUP diese Prozesse genau angeschaut, wobei die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Mittelpunkt standen. „Wir entwickeln unsere Lösungen immer Bottom-Up und setzen uns intensiv mit den Problemstellungen der Kunden auseinander. Dabei beziehen wir auch die Mitarbeiter mit ein. So ist mit TUP.MAS letztendlich eine mobile Lösung entstanden, die sich in der Praxis bewiesen hat“, erörtert Pfisterer den Entwicklungsprozess. Die zeitaufwendigen und mitunter fehleranfälligen Prozesse wurden durch den Einsatz des TUP.MAS und der mobilen Endgeräte eliminiert. Mitarbeiter können nun online vor Ort, direkt am Lagerplatz, buchen. Daraus ergibt sich ein großer Zeitgewinn und die Qualität der Buchungen steigt.

„Alle Buchungen werden in Echtzeit registriert und direkt von TUP.MAS online in das AMOS-System übertragen – selbst einfachste Einlagerungen werden so vereinnahmt. Es gibt demnach immer ein echtes Abbild der physischen Bewegung eines Ersatzteils im System“, so Pfisterer weiter. Der Vorteil gegenüber einer Abwicklung ohne mobile Endgeräte liegt auf der Hand: „Das Lagerpersonal kommuniziert per mobilen Endgeräten direkt mit dem Hostsystem. Die Geräte bieten zudem eine verständliche Benutzerführung, industrietaugliche Barcode-Technologie für die Datenerfassung beim Einlagern, wie beim Kommissionieren und Quittieren der Aufträge, exakte Anweisungen für alle Arbeitsschritte und wegeoptimierte, zeitsparende Pick-Touren. Hinzu kommen Features wie die automatische Meldung von Fehlbeständen, das Erfassen neuer Artikel sowie Inventurfunktionen“, erklärt Pfisterer die Einsatzmöglichkeiten.

Wettbewerbsfähig durch Transparenz

In Zeiten, in denen Airlines durch die hohe Konkurrenz am Markt zunehmend unter Kostendruck stehen, kann die Optimierung von Prozessen bei der Wartung einer Flugzeugflotte zum Wettbewerbsvorteil werden, denn die Lagerbestände in der Luftfahrtbranche sind überaus wertvoll. Ein einzelnes Ersatzteil kann hier leicht mehrere Hunderttausend Euro kosten. Und auch die Regularien hinsichtlich der Flugsicherheit spielen hierbei eine Rolle. Unternehmen der Branche sind nachweispflichtig, wo welches Ersatzteil verbaut wurde. Zum einen aus Haftungsgründen, zum anderen müssen sie im Falle einer Rückrufaktion eines Herstellers für ein bestimmtes Teil exakt wissen, in welchem Flugzeug dieses bereits verbaut wurde, um es unverzüglich auswechseln zu können. Damit hat die Rückverfolgbarkeit von Chargen, angefangen beim Wareneingang über den gesamten Hangar-Durchlauf inklusive jeder Lagerortposition bis hin zum Verbau im Flugzeug, höchste Priorität. „Die exakte Batch-Verfolgung ist unabdingbar für das Einhalten der hohen Qualitätsstandards in der ersatzteilintensiven Luftfahrtbranche. Hierbei unterstützt TUP.MAS das AMOS-System immens, da manuelle Fehleingaben ausgeschlossen sind und eine hundertprozentige Buchungsqualität gewährleistet ist“, fasst Projektleiter Günther Pfisterer zusammen.

Wenn die Qualität der Buchungen beim Einlagern sowie beim Kommissionieren steigt, dann sinken die Inventurdifferenzen. Der Aufwand für die Inventur geht damit signifikant zurück, auch weil die Zählung direkt am Lagerfach abgewickelt werden kann. Der zuständige Mitarbeiter wird durch das System aufgefordert ein Fach zu zählen, dieser scannt das Fach und jedes einzelne darin befindliche Teil und erfasst damit gleichzeitig online die Menge. „Es ist immer zu 100 Prozent klar, wo ein bestimmtes Teil liegt. In vielen Fällen haben Wirtschaftsprüfer deshalb schon zugestimmt, dass bei Inventuren nicht permanent alles, sondern nur stichprobenartig gezählt werden muss“, erläutert Pfisterer den nachweisbaren Qualitätsgewinn.

Doch nicht nur bei geplanten Wartungen oder der Inventur kann das Mobile Aviation System eingesetzt werden. Auch für spontane Flugzeugwartungen, wie sie immer wieder vorkommen, wurde eine Lösung entwickelt. „Wir haben entsprechende Vorgänge implementiert, sollte es sich um eine ‚Aircraft On Ground‘-Wartung (AOG) handeln. In diesem Fall werden dann die entsprechenden Ersatzteile vom TUP.MAS mit höchster Priorität behandelt. Wenn demnach ein Eilauftrag eingespielt wird und ein Flieger zur AOG-Wartung landet, werden die priorisierten Ersatzteile als erstes ausgegeben und von unserem System dementsprechend hervorgehoben. Der Mitarbeiter wird automatisch zu diesen dringend benötigten Objekten geleitet“, so Pfisterer. Auch die bestandsrelevanten Dispositionsregeln, wie ‚First in First Out‘, Lagerrestlaufzeit oder Mindesthaltbarkeit berücksichtigt die Software. „Früher entschied der Lagerist, welches Teil er kommissioniert, verbaut und später dann verbucht. Das TUP.MAS sagt ihm nun genau, welches Bauteil er nutzen soll. Somit ist sichergestellt, dass Ersatzteile nicht länger im Lager verweilen, als nötig. Das kommt der Qualität zugute und reduziert Ausschuss wegen Überlagerung“, erklärt Pfisterer weiter.

Für die Ausstattung eines Lagers eignen sich unter anderem speziell dafür vorgesehene industrietaugliche mobile Datenerfassungsgeräte (MDE oder Handhelds ohne Tastatur und Touch-Display) mit integriertem Scanner und installiertem Betriebssystem Android. Diese kommen häufig zum Einsatz, da sie über eine gute Scanqualität verfügen. „Aber theoretisch können auch herkömmliche Android-Smartphones zum Einsatz kommen. Sowohl Smartphones mit integrierter Kamera als auch Smartphones mit externem Scanner, etwa einem Ringscanner, können für die Arbeit im Lager verwendet werden. Hier hat der Kunde freie Wahl. Für die Nutzung der Software ist das Endgerät zunächst zweitrangig. Der Kunde erhält ein fertiges Betriebssystem und darauf abgestimmte Hardware und muss dort lediglich die TUP.MAS-App installieren“, so Pfisterer.

TUP.MAS – die Zukunft im Blick

Trotz der schon heute einfachen Möglichkeit einer Implementierung und aller weiteren Vorteile, die das Mobile Aviation System seinen Nutzern bietet, arbeiten TUP und Swiss-AS gemeinsam an der weiteren Ausgestaltung des Moduls. „Wir wollen die Funktionen des TUP.MAS konstant erweitern. Ein Beispiel hierfür sind die Verwaltung und Rückgabe von Werkzeugen ans Lager. Wie bei einer OP muss auch im Hangar sichergestellt werden, dass alle verwendeten Werkzeuge nach einer Wartung wieder aus dem Flugzeug herausgenommen werden. Momentan arbeiten wir in enger Abstimmung mit unseren Kunden und Swiss-AS daran, diese Funktion zu realisieren“, erklärt Pfisterer. Und auch die Nachverfolgbarkeit der Ersatzteile selbst soll noch gesteigert werden. „Wir haben aus der Branche den Wunsch vernommen, dass die ausgelagerten Teile weiter nachverfolgt werden müssen, bis in die Werkshalle – ähnlich der Paketverfolgung bei KEP-Dienstleistern. Der Kunde möchte wissen, wo sich die Ersatzteile befinden, bevor sie verbaut werden. Das heißt, die logistische Kette zwischen Lager und dem Ort des Verbauens wird aus Gründen der Nachvollziehbarkeit zunehmend geschlossen. Das hat auch damit zu tun, dass MRO-Dienstleister ihren Auftraggebern gegenüber Rechenschaft ablegen müssen, wo sich die Teile gerade befinden, um sie bei Bedarf auch noch umdisponieren zu können.“